Newsletter Mai 2022
Was sind das nur für aufreibende Zeiten... Noch nicht erholt von den Einschränkungen und sozialen Phänomenen, die durch die Coronapandemie ausgelöst wurden, sehen wir uns nun mit einem Krieg konfrontiert, der unsere Lebensweise, unsere Überzeugungen und unsere Gewohnheiten in Frage stellt.
Es ist schwer, in einer Stimmung größter Betroffenheit, die Chancen und Möglichkeiten zu erkennen, die solche Krisen bieten.
Was gibt uns Stabilität, wenn jeden Tag Meldungen größten Leids und unmittelbarer Bedrohung im Raum stehen? Was gibt Hoffnung?
Eine große Beruhigung und Ermutigung in schwierigen Zeiten habe ich immer in der Auseinandersetzung mit Denkmodellen und innovativen sozialen Techniken gefunden. Die Qualität der Begegnungen versuche ich auch in meinen Workshops, Seminaren und Weiterbildungen zu vermitteln. Ich bin der Überzeugung, dass Resonanz Verbundenheit erzeugt und Verbundenheit in Folge die Gefühle der Vereinzelung aufhebt.
Das gilt auch für unsere Freizeitaktivitäten und für unsere Lebenssituationen, aber eben auch für die Begegnungen im Arbeitszusammenhang, z. B. in den Seminaren. Der Austausch über die eigenen Unsicherheiten und Sorgen, sich nicht allein zu fühlen, sondern verbunden mit anderen, Warnehmung zu teilen und Empathie zu fühlen und auszudrücken, ist eine zutiefst menschliche Qualität und ein Bedürfnis, das Kräfte aktiviert, Zuversicht schafft und Perspektiven generiert.
Hartmut Rosa hat sich damit in seinem Buch "Resonanz" auf vortreffliche Art auseinandergesetzt. Und letztlich ist auch die Presencing-Theorie von Otto Scharmer ein Beispiel für diese neuen Sozialtechniken, in denen Resonanz in Gruppen auf einer tiefen Ebene erzeugt werden kann.
Aber parallel zu den Bedürfnissen nach Resonanz beobachte ich eine soziale Entwicklung, die mich verunsichert. Eine unglaublich rigide Art der Bewertung von Gedanken, eine Gegenbewegung zu dem Dialogischen. Die vorschnelle Bewertung und vor allen Dingen Abwertung all jener Gedanken, die nicht in das eigene Denkschema passen.
Bei vorschneller Bewertung tritt häufig eine kollektive Verstummung ein, die vor allen Dingen dann den Gedankenfluss stoppt, wenn moralische Argumentation die eigene Ideologie untermauern soll.
Gruppen verstummen, wenn die heimliche Agenda nur Zustimmung verlangt. Die Stille ist ein Zeichen von Anpassung, manches Mal Loyalität, häufig gefühlte Unterwerfung, oft auch Sozialangst.
Gedankliche Öffnungen werden darüber verhindert und Motive und Ursachen für eine bestimmte Perspektive verunmöglicht. Mit vorschneller Bewertung durch Leitungspersonen steht uns die Kreativität der Einzelnen und des Einzelnen in Gruppen nicht mehr zur Verfügung.
Im Dialog versuchen wir, alle möglichen Perspektiven zusammenzutragen, um den Gehalt eines Themas möglichst weiträumig zu umfassen. Wir verbieten uns nur die vorschnelle Bewertung und versuchen fast zentrifugisch, zu einer Fragestellung vorzudringen, um ein Thema im Kern zu erkennen.
Dem Zuhören kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Zuhören! Echtes Zuhören, Nachfragen, Erkunden, schafft eine Qualität in Gruppen, in denen sich der Einzelne gesehen fühlt und entspannen kann. Dazu gehört natürlich auch, gute Fragen zu stellen, damit das Denken des Anderen angeregt werden kann. Das ist ein Kernanliegen im Dialog.
Wir werden die Probleme der Jetztzeit nicht mit den Modellen der Vergangenheit lösen.
Jede Zeit hat ihre Methode. Wir erleben uns gerade in einer Zeit offensichtlicher Ressourcenbegrenzungen. Nun müssen wir überlegen, was uns wirklich wichtig ist.
Vor einiger Zeit habe ich im Fernsehen ein Interview mit dem Astronauten Ulrich Walter gesehen. Er hat mich sehr beeindruckt, weil seine Perspektive auf unsere Welt, durch den Blick von außen aus dem Weltall, spannende Gedanken hervorgebracht hat.
Auf die Frage, warum er sich den Risiken und Strapazen einer Weltraum-Mission gestellt hat und auch, warum er Physik studiert hat, hat er gesagt: "Ich bin jemand, der die Welt verstehen will." Und weiter: "Die Faszination kommt von dem Einfachen." Unter anderem diese Gedanken haben mich berührt.
Erkennen und Verstehen, der Erkenntnis folgen, ohne zu schnell davon auszugehen, dass das Einfache nicht geht, weil es als zu naheliegend betrachtet wird.
Wir erleben alle möglichen Situationen, ob im Beruflichen, im Sozialen oder im Politischen. Regulierungen, mit denen wir häufig das Gefühl haben, unsere alltäglichen Probleme nicht mehr bewältigen zu können. Wir bewegen uns in vielen Zwängen, die uns hindern, frei zu denken und neue Möglichkeiten auszuprobieren, wie wir unser Leben sinnstiftend ausrichten können. Unsere Leben sind vielleicht zu kompliziert geworden.
In den letzten Monaten habe ich in den Seminaren erlebt, wie sich die Teilnehmenden aufrichtig gefreut haben, wieder in einem realen, pesönlichen Austausch zusammen zu lernen, Lösungen zu erarbeiten und gemeinsam zu denken. Sich begegnen wird dann als energetisch erlebt, wenn ich als suchender Mensch erkannt werde.
Sorgen Sie dafür, dass Ihre Meetings, Treffen, Zusammenkünfte zu innovativen Orten der Begegnung werden.
Diese Energie, die sich in meinen Gruppen immer wieder einstellt, ermutigt mich, in diesem Jahr endlich wieder ein Gruppencoaching anzubieten und zum Ende des Jahres wieder eine Weiterbildung zu "Dialogisch Gruppen leiten und moderieren" anzubieten. Ich freue mich darauf!
Hier gelangen Sie zu den Flyern:
Gruppencoaching: http://www.ewert-equality.de/?event=54#neu
Dialogisch Gruppen leiten und moderieren: http://www.ewert-equality.de/?event=50#neu
In den vergangenen Monaten habe ich mich mit der Weiterentwicklung der Presencing-Methode von Otto Scharmer auseinandergesetzt und ich werde Sie an diesen neu gewonnenen Aspekten in der Dialog-Weiterbildung teilhaben lassen.
Ein besonderes Anliegen ist mir natürlich auch die Friedensarbeit: Sabine Ottinger bietet als Mediatorin ab Spätsommer wieder Mediationen an und bereitet gerade ein Seminar zu konfliktfreier Kommunikation vor - haben Sie Interesse?
Ich möchte Ihnen in diesen Zeiten ein Zitat von Vaclav Havel mit auf den Weg geben: "Hoffnung ist eben nicht Optimismus, ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, ohne Rücksicht darauf, wie es ausgeht."
Lassen Sie uns in Bewegung bleiben und bleiben Sie uns gewogen.